1.2 Schwarze Löcher verdampfen

Seit neuestem ist nun eine Arbeit von Stefan Hawking veröffentlicht und auch von anderen Wissenschaftler bestätigt worden, nachdem ein Schwarzes Loch nicht die Endstation für die Materie ist sondern sehr wohl wieder abgestrahlt wird.

Er beschreibt es folgendermaßen:

Die Quantenmechanik besagt, dass die Gesamtheit des Raumes mit Paaren "virtueller" Teilchen und Antiteilchen erfüllt ist, die sich ständig paarweise materialisieren, sich trennen und dann wieder zusammenkommen, um sich dann gegenseitig zu vernichten. Diese Teilchen werden virtuell genannt, weil sie sich im Gegensatz zu "realen" Teilchen nicht im Teilchendetektor direkt beobachten lassen. Man kann aber ihre indirekten Effekte messen, und ihre Existenz wurde durch eine kleine Verschiebung (die so genannte Lamb -Verschiebung) bestätigt, die sie im Lichtspektrum angeregter Wasserstoffatome hervorrufen.

In Gegenwart eines Schwarzen Loches kann nun  ein Partner eines Paares virtueller Teilchen in das Loch fallen , so dass das andere Element ohne den Partner zurückbleibt, den es zur gegenseitigen Vernichtung braucht. Das im Stich gelassene Teilchen oder auch Antiteilchen kann seinen Partner ins Schwarze Loch folgen, aber es kann ebenso auch ins Unendliche entweichen. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass eine Strahlung vom Schwarzen Loch emittiert worden ist.

Dieser Prozess lässt sich aber auch so verstehen, dass der Partner des Teilchenpaars, der ins Schwarze Loch fällt — nehmen wir an, das Antiteilchen —‚ in Wirklichkeit ein Teilchen ist, das sich in der Zeit rückwärts bewegt. So lässt sich das in das Schwarze Loch fallende Antiteilchen als Teilchen ansehen, das aus dem Schwarzen Loch hervorkommt, sich jedoch in der Zeit zurückbewegt. Wenn das Teilchen den Punkt erreicht, an dem sich das Teilchen-Antiteilchen-Paar ursprünglich materialisiert hat, wird es vom Gravitationsfeld gestreut, so dass es sich nun vorwärts in der Zeit bewegt.
So ist es nach der Quantenmechanik einem Teilchen möglich, aus dem Innern eines Schwarzen Loches zu entweichen — etwas, was die klassische Mechanik nicht zulässt. Es sind jedoch viele andere Situationen in der Atom- und Kernphysik bekannt, in denen es eine Art Barriere gibt, die nach klassischen Prinzipien für Teilchen undurchdringlich ist, die sie aber dank quantenmechanischer Prinzipien durchtunneln können.
Die Dicke der Barriere um ein Schwarzes Loch ist seiner Größe proportional. Das heißt, dass nur sehr wenige Teilchen aus einem Schwarzen Loch von der Größe entweichen können, die dem hypothetischen Loch in Cygnus X-I zugeschrieben wird, dass aber Teilchen sehr rasch kleineren Schwarzen Löchern entfliehen können. Eingehende Berechnungen zeigen, dass die emittierten Teilchen ein thermisches Spektrum haben, das einer Temperatur entspricht, die rasch zunimmt, wenn die Masse des Schwarzen Loches abnimmt. Für ein Schwarzes Loch mit Sonnenmasse liegt die Temperatur nur ungefähr ein zehnmillionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Die mit dieser Temperatur aus dem Schwarzen Loch austretende Strahlung würde von der allgemeinen Hintergrundstrahlung des Universums völlig überdeckt werden. Andererseits würde ein Schwarzes Loch mit einer Masse von nur einer Milliarde Tonnen, das heißt ein urzeitliches Schwarzes Loch von etwa der Größe eines Protons, eine Temperatur von ungefähr 120 Milliarden Kelvin aufweisen, was einer Energie von rund zehn Millionen Elektronenvolt entspricht. Bei dieser Temperatur wäre ein Schwarzes Loch in der Lage, Elektron - Positron - Paare und Teilchen mit der Masse Null zu erschaffen, zum Beispiel Photonen, Neutrinos und Gravitonen (die hypothetischen Träger der Gravitationsenergie). Ein urzeitliches Schwarzes Loch würde Energie in einer Größenordnung von 6000 Megawatt freisetzen, was dem Ausstoß von sechs großen Kernkraftwerken entspricht.

Mit der Teilchenemission verliert das Schwarze Loch stetig an Masse und Größe. Dadurch finden immer mehr Teilchen die Möglichkeit, den Potentialwall zu durchtunneln, so dass die Emission ständig an Intensität zunimmt, bis sich das Schwarze Loch gänzlich verstrahlt hat. Auf lange Sicht wird sich jedes Schwarze Loch im Universum auf diese Weise verflüchtigen. Bei großen Schwarzen Löchern wird dieser Prozess sehr viel Zeit in Anspruch nehmen: Ein Schwarzes Loch von der Masse der Sonne wird eine Lebensdauer von rund 1066 Jahren haben. Dagegen müsste sich ein urzeitliches Schwarzes Loch in den vierzehn Milliarden Jahren seit dem Urknall, dem Anfang des uns bekannten Universums, fast vollständig verflüchtigt haben. Solche Schwarzen Löcher müssten heute harte Gammastrahlen mit einer Energie von ungefähr 100 Millionen Elektronenvolt emittieren.
Nach Berechnungen, die von Don N. Page, damals am California Institute of Technology, und von Hawking vorgenommen wurden und die auf Messungen des kosmischen Gammastrahlenhintergrunds durch den Satelliten SAS-2 beruhten, muss die durchschnittliche Dichte urzeitlicher Schwarzer Löcher im Universum bei weniger als rund zweihundert pro Kubiklichtjahr liegen. Die lokale Dichte in unserer Galaxis könnte einmillionmal so groß sein wie diese Zahl, wenn sich urzeitliche Schwarze Löcher im «Hab» von Galaxien konzentrierten
der dünnen Wolke in rascher Bewegung befindlicher Sterne, in die jede Galaxis eingebettet ist —‚ statt gleichförmig über das ganze Universum verstreut zu sein. Daraus würde folgen, dass das der Erde nächstgelegene Schwarze Loch wahrscheinlich mindestens so weit entfernt ist wie der Planet Pluto.
Das letzte Stadium der Verflüchtigung eines Schwarzen Loches würde sich so rasch vollziehen, dass es in eine gewaltige Explosion münden würde. Das Ausmaß der Explosion hinge von der Zahl der verschiedenen vorhandenen Familien von Elementarteilchen ab. Wenn alle Teilchen, wie heute weithin angenommen, aus vielleicht sechs verschiedenen Arten von Quarks bestehen, würde die abschließende Explosion ein Energieäquivalent von ungefähr zehn Millionen Wasserstoffbomben von je einer Megatonne aufweisen. Andererseits hat R. Hagedorn von der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) eine andere Theorie vorgeschlagen, der zufolge es eine unendliche Zahl von Elementarteilchen mit immer größerer und größerer Masse gibt. Während das Schwarze Loch immer kleiner und heißer würde, würde es eine immer größere Zahl von verschiedenen Teilchenarten emittieren und schließlich in einer Explosion enden, die hunderttausend mal mächtiger wäre als diejenige, die nach der Quarkhypothese zu erwarten wäre. Infolgedessen würde die Beobachtung der Explosion eines Schwarzen Loches sehr wichtige Informationen über die Physik von Elementarteilchen liefern
Informationen, die möglicherweise auf keinem anderen Wege zu beschaffen sind.

Die Explosion eines Schwarzen Loches würde möglicherweise einen massiven Ausbruch energiereicher Gammastrahlen hervorbringen. Zwar könnten sie durch Gammastrahlendetektoren in Satelliten oder an Ballons beobachtet werden, doch wäre es sehr schwierig, Detektoren, die groß genug sind, um mit einiger Wahrscheinlichkeit eine genügend große Zahl von Gammaquanten aus einer Explosion aufzufangen, in solche Höhen zu bringen. Eine leichtere und wesentlich billigere Möglichkeit besteht darin, die obere Erdatmosphäre als Detektor zu benutzen. Ein in die Atmosphäre eintauchender energiereicher Gammastrahl wird einen Schauer von Elektron - Positron -Paaren erzeugen, die die Atmosphäre ursprünglich rascher durchqueren würden, als das Licht es vermag (denn dieses wird durch die Wechselwirkung mit Luftmolekülen abgebremst). So erzeugen die Elektronen und Positronen eine Art Überschallknall oder eine Stoßwelle im elektromagnetischen Feld. Eine solche Stoßwelle, Čerenkov -Strahlung genannt, könnten wir von der Erde aus als Lichtblitz (-chen) wahrnehmen.

Ein vorläufiges Experiment von Neu A. Porter und Trevor C. Weekes vom University College in Dublin deutet daraufhin, dass es weniger als zwei Explosionen von Schwarzen Löchern pro Kubiklichtjahr und Jahrhundert in unserer Galaxisregion gibt, wenn Schwarze Löcher tatsächlich so explodieren, wie es Hagedorns Theorie vorhersagt. Daraus wäre zu schließen, dass die Dichte der urzeitlichen Schwarzen Löcher unter 100 Millionen pro Kubiklichtjahr liegt. Es müsste möglich sein, die Feinheit solcher Beobachtungen erheblich zu vergrößern. Auch wenn sie keine positiven Anhaltspunkte für urzeitliche Schwarze Löcher liefern sollten, wären sie sehr wertvoll. Sie würden nämlich der Dichte solcher Schwarzen Löcher eine niedrige Obergrenze setzen und darauf schließen lassen, dass das Universum in seiner Frühphase sehr glatt und frei von Turbulenzen gewesen sein muss.

Der Urknall ähnelt der Explosion eines Schwarzen Loches, nur dass er in unvergleichlich größerem Maßstab stattfand. Daraus schöpfen Wissenschaftler eine große Hoffnung: Wenn man versteht, wie Schwarze Löcher Teilchen erzeugen, so wird man vielleicht auch verstehen können, wie der Urknall alle Dinge im Universum geschaffen hat. In einem Schwarzen Loch stürzt die Materie in sich zusammen und ist für immer verloren, gleichzeitig aber wird an ihrer Stelle neue Materie hervorgebracht. Infolgedessen ist denkbar, dass es eine noch frühere Phase des Universums gab, in der die Materie zusammenstürzte, um dann im Urknall wiedererschaffen zu werden.
Wenn die zu einem Schwarzen Loch kollabierende Materie eine elektrische Gesamtladung besitzt, wird das resultierende Schwarze Loch die gleiche Ladung aufweisen. Das Schwarze Loch wird also tendenziell diejenigen Partner der virtuellen Teilchen-Antiteilchen-Paare anziehen, die die entgegen gesetzte Ladung tragen, und die Partner mit gleicher Ladung abstoßen. Das Schwarze Loch wird deshalb vorzugsweise Teilchen emittieren, deren Ladung das gleiche Vorzeichen hat wie seine eigene, und deshalb rasch seine Ladung verlieren. In ähnlicher Weise wird, wenn die kollabierende Materie einen Gesamtdrehimpuls hat, das resultierende Schwarze Loch rotieren und vorzugsweise Teilchen emittieren, die ihm seinen Drehimpuls entziehen. Das Schwarze Loch «erinnert sich» an die elektrische Ladung, den Drehimpuls und die Masse der kollabierten Materie, während es alles andere «vergisst», weil diese drei Größen mit fern wirkenden Feldern gekoppelt sind: im Falle der Ladung mit dem elektromagnetischen Feld und im Falle des Drehimpulses und der Masse mit dem Gravitationsfeld.

Experimente von Robert H. Dicke von der Princeton University und Wiadimir Braginskij von der Moskauer Staatsuniversität deuten darauf hin, dass kein fern wirkendes Feld mit der Quanteneigenschaft verknüpft ist, die als Baryonenzahl bezeichnet wird. (Baryonen sind eine Familie von Teilchen, zu denen das Proton und das Neutron gehören.) Deshalb würde ein Schwarzes Loch, das seine Existenz dem Zusammensturz einer Ansammlung von Baryonen verdankte, seine Baryonenzahl «vergessen» und gleiche Mengen von Baryonen und Antibaryonen abstrahlen. Durch sein Verschwinden würde das Schwarze Loch deshalb gegen eines der heiligsten Gesetze der Teilchenphysik verstoßen, das Gesetz der Baryonenerhaltung.

Obwohl Bekensteins Hypothese, dass Schwarze Löcher eine endliche Entropie haben, nur schlüssig ist, wenn Schwarze Löcher thermische Strahlung abgeben, erscheint es zunächst als reines Wunder, dass aus der eingehenden
 quantenmechanischen  Berechnung der Teilchenentstehung eine Emission mit thermischem Spektrum hervorgeht. Des Rätsels Lösung ist, dass die emittierten Teilchen, wenn sie aus dem Schwarzen Loch heraustunneln, aus einer Region kommen, von der ein außen befindlicher Beobachter nichts weiß als ihre Masse, ihren Drehimpuls und ihre elektrische Ladung. Alle Kombinationen oder Konfigurationen emittierter Teilchen, die die gleiche Energie, den gleichen Drehimpuls und die gleiche elektrische Ladung haben, sind also gleich wahrscheinlich. Tatsächlich könnte das Schwarze Loch einen Fernsehapparat oder Prousts Werke in zehn Lederbänden emittieren, doch die Zahl der Teilchenkonfigurationen, die diesen exotischen Möglichkeiten entspricht, ist verschwindend klein. Die bei weitem größte Zahl von Konfigurationen entspricht einer Emission mit einem Spektrum, das fast thermisch ist.

Die Emission aus Schwarzen Löchern hat einen zusätzlichen Grad von Ungewissheit oder Unvorhersagbarkeit, über den hinaus, der normalerweise mit der Quantenmechanik verknüpft ist. In der klassischen Mechanik kann man bei Messungen des Ortes und der Geschwindigkeit beide Ergebnisse vorhersagen. Das Unbestimmtheitsprinzip in der Quantenmechanik besagt, dass nur über eine dieser Messungen eine Aussage gemacht werden kann. Der Beobachter kann entweder das den Ort oder das die Zeit betreffende Messergebnis vorhersagen, nicht aber beide. Er muss sich in seiner Vorhersage für die eine oder die andere Kombination von Ort und Geschwindigkeit entscheiden, so dass seine Fähigkeit zu definitiven Vorhersagen praktisch halbiert ist. Bei Schwarzen Löchern ist die Situation noch schlimmer. Da die von einem Schwarzen Loch emittierten Teilchen aus einer Region stammen, über die der Beobachter nur sehr begrenzte Kenntnisse besitzt, kann er definitiv weder Ort noch Geschwindigkeit eines Teilchens noch irgendeine Kombination der beiden vorhersagen. Alles, was er vorhersagen kann, ist die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Teilchen emittiert werden. So hat es den Anschein, als habe Einstein sich gleich doppelt geirrt, als er sagte: «Der liebe Gott würfelt nicht.
» Die Teilchenemission aus Schwarzen Löchern scheint den Schluss nahe zu legen, dass Gott nicht nur manchmal würfelt, sondern die Würfel auch gelegentlich an einen Ort wirft, wo man sie nicht sehen kann.

Aber es kann auch alles ganz anders sein!

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Dazu folgendes Zitat aus Tanmay Vachaspati (Case Western Reserve University, Cleveland) et al.: Physical Review D15, (21.06.2007 )

Schwarze Löcher oder Schwarze Sterne?

Den Ereignishorizont gibt es nicht, glauben amerikanische Forscher

Die komplizierten Formeln der Quantenmechanik haben Forscher um Tanmay Vachaspati aus Cleveland im US-Budnesstaat Ohio zu einer überraschenden Erkenntnis geführt: Es gibt keine Schwarzen Löcher, so das Ergebnis ihrer Berechnungen. Ein Jahr lang hatten die Forscher versucht zu ergründen, was passiert, wenn ein Schwarzes Loch geboren wird.

Bislang wurde angenommen, dass die Schwerkraft beim Kollaps eines schweren Sterns irgendwann so stark zunimmt, dass ihr noch nicht einmal Licht entkommen kann. Dieser Zeitpunkt markiert die Geburt eines Schwarzen Lochs. Den Punkt, jenseits dessen kein Entrinnen mehr möglich ist, nennen Physiker den Ereignishorizont.

Ein kleines Problem hatten Physiker allerdings mit Schwarzen Löchern: Jedes Mal, wenn Materie oder Licht hinter dem Ereingishorizont verschwindet, geht Information verloren. Das verbieten jedoch die Gesetze der Quantenmechanik. Der Physiker Stephen Hawking hatte daher postuliert, dass die Information durch eine Teilchenstrahlung doch wieder aus einem Schwarzen Loch hinaussickern kann. Diese Hawking-Strahlung bildet sich durch die Wechselwirkung zwischen dem Ereignishorizont und dem Quantenschaum, aus dem das Universum besteht.

Nach den neuen Überlegungen von Vachaspati und seinen Kollegen kann ein Ereignishorizont aber gar nicht erst entstehen. Wenn ein Stern kollabiert, wird ihrer Meinung nach eine Prä-Hawking-Strahlung ausgesandt, in der die Information enthalten ist, die bei der Entstehung eines Schwarzen Loches verloren gehen würde. Dadurch werde aber so viel Energie freigesetzt, dass die Materie des kollabierenden Sterns sich nicht genug verdichtet, um zu einem Schwarzen Loch zu werden. "Schwarze Löcher gibt es nicht", sagte Vachaspati dem Wissenschaftsmagazin New Scientist. "Es gibt nur Sterne, die dabei sind, ein Schwarzes Loch zu werden."

Die Objekte, die dabei entstehen, nennen die Forscher "schwarze Sterne". In den Augen eines entfernten Beobachters würden sie sich kaum von Schwarzen Löchern unterscheiden. Die Schwerkraft würde die Zeit so verzerren, dass ein Objekt immer langsamer würde, wenn es sich der Stelle nähert, wo eigentlich der Ereignishorizont sein müsste. Dadurch scheint es allmählich zu verschwinden - weil es sich so langsam bewegt, sendet es nur noch sehr langwelliges Licht aus, das man kaum auffangen könnte. Allerdings verschwindet das Objekt nicht völlig aus dem Universum, und das Informationsparadoxon wäre gelöst. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Beim Urknall könnten sehr wohl Schwarze Löcher entstanden sein.